Vom Steine werfen bis Dächer klettern

Seit zwei Monaten lebe ich in Puypuy auf dem Visons of Hope Campus. Die ganze Zeit versuche ich, einen Beitrag über die Kinder hier zu schreiben. Es ist schwierig all die vielen Eindrücke in Worte zu fassen.

Hier auf dem Campus Leben über 80 Kinder. Der jüngste ist zwei Jahre alt und die ältesten Mädchen besuchen das College.

Die Jungs wachsen hier auf bis sie ca. 10 Jahre alt sind. Dann ziehen sie auf den Magdalena Campus um, der eine Stunde von unserem entfernt ist.

Nicht alle Kinder sind Weisen, manche Kinder haben noch Eltern. Sie können ihre Kinder hier auf dem Campus besuchen und – wenn es möglich ist – über Feiertage zu sich nehmen. Doch leider kommt das sehr selten vor. Manche dieser Eltern sind selber in einem CCT (Die Organisation hier vor Ort) Programm. Sie erlernen Berufe und sollen so in einen normalen Alltag zurück geführt werden. Gelingt ihnen dies und sie bekommen Arbeit sowie ein festes Zuhause, besteht die Möglichkeit, die Kinder wieder bei Ihnen einziehen zu lassen.

Bis jetzt kennen wir nur von einzelnen Kindern die Geschichte. Bei vielen können wir nur am Verhalten erahnen, was für schlimme und vor allem brutale Erfahrungen sie in ihrem bisher kurzen Leben machen mussten.
Viele Kinder haben überhaupt keine Distanz. Sie rennen direkt auch auf Fremde (z.B. Besucher) zu und umarmen sie. Generell suchen sie sehr viel Körperkontakt durch Umarmungen, die schnell zu einer festen Umklammerung wird. Am liebsten würden sie dich gar nicht mehr los lassen.

Sie sind sehr neugierig und hinterfragen alles. Oft wird an unserem Zimmer/Häuschen geklopft, unsere Namen gerufen oder der ein oder andere versucht, mit uns ins Zimmer zu spazieren. Wenn wir (so schwer uns das auch manchmal fällt, aber irgendwie muss man seine Privatsphäre bewahren) dies zu ignorieren versuchen oder ihnen sagen, wir könnten gerade nicht raus kommen, wird dann auch schon mal das Fenster von außen geöffnet (wir bekommen es nicht abgeschlossen und auch das Gitter hilft nicht wirklich) und es wird versucht ins Zimmer zu klettern.

Geklettert wird allgemein sehr viel. Sei es auf den großen Mangobaum, kleine Bäume, bei denen man denkt der Ast bricht gleich ab, oder auf Hausdächer. Nichts ist zu hoch und und kein Weg zu schwer. Man klettert einfach den Stamm oder die Regenrinne hoch als sei man ein kleines Äffchen.

Ein Gutes hat die Sache aber auch: Es werden Regenrinnen geputzt und Bälle sowie Schuhe zu Tage befördert. Letztere findet man auf dem ganzen Campus verstreut wieder. Meistens nur einzelne Schuhe. Wenn man mal ein ganzes Schuhpaar benötigt und die eine Hälfte einfach nicht zu finden ist, greift man zu einem anderen Schuh der alleine vor sich hin lebt. So entstehen die interessantesten Kombinationen. Es ist aber auch manchmal schwer seine ganzen Sachen beisammen zu halten.
Hier und da bekommt man auch viele ernste Auseinandersetzungen mit. Es fliegen Fäuste, es wird getreten und mit Sachen geschmissen. Am liebsten mit den Steinen der Auffahrt. Manchmal benötigt es zu dieser Tat gar keinen bestimmten Grund. Deswegen ist es umso wichtiger, Ihnen beizubringen Konflikte anders zu lösen und Ihnen mit viel Ruhe und Geduld gegenüberzutreten und dabei ein gutes Beispiel zu sein.
Ich könnte so viel über diese Kinder schreiben. Über ihr zusammengeflicktes Gummitwist, das Fangen von (ekligen/beeindruckenden und auch sehr flinken) Insekten. Flaschen werden zum Terrarium und die Schubkarre zum Auto. Vor Regen wird nicht zurück geschreckt.

Besonders Schwimmen macht dann am meisten Spaß und es wird ausgelassen getobt und vom Beckenrand ins Wasser gesprungen. Seifenblasen werden vor die großen Ventilatoren gehalten, sodass sie durch den ganzen Raum fliegen und mit Freude gejagt werden können. Katzenbabys werden gekuschelt, gepflegt und überall mit hin genommen.

Sie haben hier die Gelegenheit ganz Kind zu sein und können rumspielen und kreativ sein. So bekommen sie ein bisschen Unbeschwertheit zurück, die sie bei einem Leben auf der Straße nicht hätten.

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